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Ihre Waffe ist Ihre Stimme

Marielle Niemeyer will auf die Bühne

Immer, wenn sie zu Bett ging, sang ihre Mutter ihr ein Gute-Nacht-lied. Die kleine Marielle bettelte, wollte ein zweites, ein drittes Lied. Sie hat die Texte, die Melodien aufgesogen, alles abgespeichert in ihrem kleinen Köpfchen. Mit der Mutter, Oma, Omas Schwester und dem Mundharmonika spielenden Opa sang Marielle alte Volkslieder. Das Mädchen war verzaubert. Inzwischen ist sie es selbst, die diesen zauber mit ihrer Stimme ausstrahlt. Und die ist im Laufe der Jahre zu einer wahren Gefühls-Waffe geworden: schließt man die Augen, hört nur zu, denkt man: Da singt keine 19-Jährige, da singt ein ausgewachsener Gänsehaut-Profi.

Marielle Niemeyer verzauberte bereits die Jury von „Jugend musiziert“ mit ihrer Stimme. Bei der Gala „Rock Legends in Concert“, die Premiere ist morgen im Audi-maxx Dorf Münsterland, gehört die Ibbenbürenerin zum zehnköpfigen Vocal-Ensemble.

Ende Oktober tritt sie beim Bundeswettbewerb Gesang für Musical und Chanson an. Im Moment läuft’s ganz gut bei der jungen Musikerin. Dafür musste die 19-Jährige aber schon den einen oder anderen Rückschlag einstecken. Marielle hat vier Aufnahmeprüfungen für ein Gesangstudium hinter sich, ohne Erfolg: „Das hat alles nicht so geklappt. Entweder mir hat’s nicht gefallen oder es war zu teuer.“ Stolze 7.000 Euro pro Jahr verlangt zum Beispiel eine private Hochschule für Gesang in Hamburg.

„Manchmal hab‘ ich so Phasen, da denke ich, das hat doch alles keinen Sinn. Das Musikgeschäft ist zu hart für mich.“ Deshalb hat sie auch erstmal eine Ausbildung absolviert und macht nun ihr Abitur nach. Die Ibbenbürenerin entdeckte ihre Stimme zwar sehr, sehr früh, der Auslöser, auch etwas daraus zu machen, kam aber viel später und zwar mit Deutschland sucht den Superstar (DSDS): Ich habe die erste Staffel verfolgt, da war ich elf. Ich fand das voll cool und Alexander Klaws so süß.“

In Marielle wuchs damals der Wunsch nach Gesangsunterricht. Wenn die Mutter auf den Einkaufszettel schrieb: „Marielle, was brauchst du noch“, schrieb sie darunter „Gesangsunterricht“, immer und immer wieder. 2007 fanden die Eltern Gcrlind Hofmann, eine professionelle Gesangslehrerin. Irgendwann hörte Marielle dann ein Lied, das sie nicht mehr losließ. Sie setzte sich an den PC, recherchierte. Das war „Wer ich bin“ aus dem Musical Wicked. Ich bin zu Mama und Papa, habe gesagt, wir fahren nicht in den Urlaub, wir fahren nach Stuttgart zu Wicked.“ So sollte es sein.

Danach war ich geflasht, man konnte mich nicht ansprechen. Seitdem ist das Musical-Fieber ausgebrochen. Marielle, die neben dem Singen als Tänzerin in der Jazz- und Modern-Dance-Formation „Dance Relation“ und als Trainerin in einem Tanzsportclub aktiv ist, arbeitet inzwischen nur noch an Musicalsongs. Wie das bei einer Jury ankommt, testet sie am 22. Oktober in der Vorrunde des Bundeswettbewerbs Gesang für Musical und Chanson: „Da werden viele Musicalauszubildende dabei sein. Wenn ich daran denke, wird mir mulmig.“ Aber Marielle setzt auf ihre Waffe: „Mit meiner Stimme und dem Gefühl dafür möchte ich punkten.“ Das Projekt Gesangsstudium will die 19-Jährige nächstes Jahr wieder angehen: „Ich kann mir nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Singen ist meine Leidenschaft.“

Von Stefanie Beermann IBBENBÜREN.

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